PL #1: Todesmutige Unkrautvernichter

Gestern habe ich euch schon erzählt, dass der Mann und ich beschlossen haben, mindestens die nächsten zwei Wochen in einen persönlichen Lockdown (abgekürzt eben PL – siehe Überschrift) zu gehen. Wir wollen das jetzt selbst in die Hand nehmen, unabhängig vom Hü und Hott der Politik – auch unabhängig davon, was andere Leute denken übrigens. Daher werde ich euch hier und da ein wenig berichten, was wir in unserem Lockdown erleben, und heute geht es darum, wie es dazu kam, dass wir todesmutige Unkrautvernichter wurden.

[Wer mich schon länger kennt, weiß, dass das wieder ausufernd werden kann, das fängt schon damit an, dass ich euch erst einmal erzähle, wie es überhaupt dazu kommen konnte]

Vorgeplänkel

Schon vor einigen Tagen, als die allerersten wärmenden Sonnenstrahlen uns zum Kaffee in den Garten lockten, stellte ich fest, dass da was mit unserem Rasen nicht stimmte! Auf einmal puschelte es recht flächendeckend, so auffällig, dass ich mich, meiner Kurzsichtigkeit geschuldet, zur Inaugenscheinnahme bückte und ein Pflänzchen abzubbelte. 

Was bei mir recht interessant ist und was ich nicht genau erklären kann: Ich hab ein auffallend gutes Auge für Pflanzen und ihre Namen – was aber noch nicht heißt, dass ich ansonsten viel über die Botanik wüsste. Jedenfalls reichte mein Bauchgefühl dafür mit dem ausgerupften Pflänzchen durch die Luft zu wedeln und triumphierend zu behaupten: „Das ist Vogelmiere!“, nur um sie dann abzusenken und zu ergänzen: „Glaub ich“.

Was auch noch irgendwo hinten links im Gedächtnis hängen geblieben war, war zumindest die vage Vermutung, dass die Vogelmiere ein essbares Wild- und Heilkraut ist – auch wenn die Verfechter von Betongärten sie noch so sehr als Unkraut bezeichnen  mögen. 

Sicherheitshalber hab ich mein Halbwissen im Internet gecheckt und JA, ich hatte Recht. 

Aha, aha, aha – konnte man nun also sehen wie man wollte: Entweder haben wir nun neben dem verhassten Giersch (übrigens auch essbar) mit der Vogelmiere nun ein weiteres dickes Unkrautproblem oder eben einen wohl nie versickernden Quell an topgesundem Lebensmittel!

Jedenfalls beschloss ich damals: Das müssen wir mal testen, einfach aufessen das Zeugs! Denn in UNSEREM Garten hat alles, was da kreucht, fleucht und wächst 1 a Bioqualität, naturnäher kann eine Gartenruine kaum sein. 

So viel zum Vorgeplänkel, kommen wir nun zu Tag 1 unseres persönlichen Lockdowns!

Tag 1 - Todesmutige Unkrautvernichter

Ich hab gestern für unseren persönlichen Lockdown eine imposante Liste an möglichen (!) Beschäftigungen zusammengestellt, denn wenn es irgendwas gibt, womit ich ü-ber-haupt nicht klar komme, dann ist das Langeweile.

Langeweile kann meine Laune im Handumdrehen runterziehen, und he, das möchte ich nun wirklich vermeiden, wenn ich schon mindestens zwei Wochen nicht vors Loch komme.

Auf der Liste stehen unter anderem diverse Punkte, die damit zu tun haben, die familiäre Gartenruine ein wenig zu sanieren. Man muss es zwar nicht übertreiben, aber es wäre schon schön, den Garten, wenn der Frühling jetzt richtig Gas gibt, entspannt nutzen zu können. Kann ich derzeit nicht, stattdessen neige ich zu dezenten Zornesanflügen, die sich regelmäßig über den Mann entladen, den Universalschuldigen meines Lebens. Also auch da: Wehret den Anfängen, wahret den Ehefrieden.

Da ich es aber an Tag 1 des Lockdowns easy angehen wollte und nicht direkt mit dem übelsten starten (das ist für mich übrigens Terrassenfugen kratzen), habe ich mir die Vogelmiere noch einmal aus der Nähe angesehen. Ich hatte nämlich gelesen, dass es eine Sorte gibt, die man besser nicht isst, aber die blüht orangefarben. Unsere Vogelmiere jedoch überzeugte mit weißen Blüten, das ist ein Zeichen, dass sie essbar ist. 

Unkrautvernichter von Vogelmiere
Unsere Vogelmiere ist essbar!

Stufe 1: Ha, wir werden vor Gesundheit strotzen

Ich hab also eine ordentliche Menge geerntet, gewaschen, die feinen Spitzen abgezupft und beiseite gelegt. Vorsichtig mal probiert: Hat was von rohem Blattspinat, stellte ich fest. 

Absolut triumphierend schaute ich auf meine knackfrische Beute: Man, wir würde heute einen derartig gesunden Salat zu uns nehmen, unfassbar! Schließlich hatte ich gelesen, dass Vogelmiere 10mal mehr Vitamin C enthält als normaler Salat. Ha – und Vitamin C ist ja nun supi fürs Immunsystem, oder? 

Ich schnibbelte die weiteren Zutaten für den Salat.

Stufe 2: Der Geschmack in Endlosschleife

Dieser merkwürdige Spinatgeschmack steckte noch 30 min später in meinen Geschmacksknospen fest und begann, mich ein wenig zu nerven.

Gleichzeitig meldete sich doch eine innere Stimme von hinten links aus meinem Gehirn, die mir mehrfach versicherte, dass es sich glasklar um Unkraut handele und ich im Begriff sei, „sowas“ zu essen. 

Und überhaupt… Nachbars Katze… konnte ich sicher sein, dass ich von einer „unberührten“ Stelle des Gartens geerntet hatte?

Hm.

Wie ferngesteuert legte ich die Hälfte des Vogelmierenbergs in eine Schüssel, die ich mit einem feuchten Tuch abdeckte, und stellte sie als „Vorrat“ in den Kühlschrank. Spinat esse ich schließlich auch nur in überschaubaren Mengen roh.

Stufe 3: Liederliche Gedankenberge

Der Salat war fertig, inklusive Restanteil an besagtem, supergesundem, knallfrischen Kraut, was fehlte war der Mann, der noch mit dem Hund unterwegs war. 

Ich deckte den Tisch und mischte die Vogelmiere noch einmal gründlicher unter, irgendwie wollte ich die nicht so präsent im Blick haben.

Vielleicht könnte ich sagen, ich habe noch keinen Hunger und den Mann als Vorkoster verwenden? Hm. Sicher ist sicher?

Stufe 4: Geschmacksexplosion

Der Mann fand den Salat inklusive Vogelmiere richtig lecker – knackiger und intensiver Geschmack. Spannend.

Fand ich auch. Echt. Bestimmt.

Nur hatten wir irgendwie beide nicht sooooo riesig Hunger, daher blieb die halbe Schüssel Salat über. 

Jetzt im Nachgang bin ich davon überzeugt, dass es nicht am Geschmack lag oder an der Miere an sich, das ist eine Gehirnsache. Leben tun wir ja nun auch noch, sonst könnt ich diese Zeilen gar nicht schreiben. Das muss ich erst innerlich ablegen, dass ich etwas esse, was zuvor einfach so auf unserer Wiese wucherte.

Und ich befürchte, dass ich ganz anders eingestellt gewesen wäre, hätte ich das Kraut nicht aus der Wiese gepuhlt, sondern für 20 Euro pro 100 g auf dem Markt als Delikatesse angeboten bekommen. Davon kann ich mich, verwöhntes Gör, leider nicht freisprechen. 

Zum Glück gab es nicht nur den Salat, sondern auch Pollo fino gefüllt mit selbstgemachter Bärlauchcreme und umwickelt mit Bacon gebraten. 

[Das ist hammerlecker, muss ich euch mal als Rezept notieren – das war nämlich eine 1a LCHF-Mahlzeit]

Tagesfazit

Emotional war ich gut drauf, ich möchte nur gründlicher vermeiden, die ganzen Corona News im Fernsehen oder im Internet mitzubekommen, die greifen mich direkt an!

Eheliche Harmonie ist noch prima, Stimmung entspannt. 

Ich hab wohl dennoch relativ unruhig geschlafen und mir den Rücken irgendwie verlegt. Menno. 

Noch an diesem Tag geschafft: Die komplette Wäsche gewaschen, der Keller ist leer. Yay! Vielleicht eine gute Idee, den jetzt bei der seltenen Gelegenheit komplett zu staubsaugen und zu feudeln?

Der Vogelmiere werde ich auf jeden Fall noch eine Chance geben, aber in anderer Darreichungsform, nämlich als Pesto oder als gehacktes und gegartes Gemüse, z.B. in einer Quiche oder so. Vielleicht lässt mein verwöhntes Gehirn sich auf diese Weise überlisten.

Vergessen einzukaufen: Parmesan! Habe auch keinen alternativ verwendbaren Käse da. Shit, so kann ich kein Pesto machen. Und dabei ist der Bärlauch im Garten ebenfalls einsatzbereit.

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